Wolfgang Wendlandt: Mein Stotter-ABC
ab 24,50 €
Beschreibung
Wolfgang Wendlandt
Mein Stotter-ABC
Kleingedrucktes großgeschrieben
Demosthenes Verlag, Köln 2022, 268 Seiten
Normalpreis: 34,50 € | BVSS-Mitglieder: 24,50 €
ISBN 978-3-921897-94-2
In seinem Stotter-ABC lässt der erfahrene und renommierte Stottertherapeut Wolfgang Wendlandt all sein Wissen und seine Erfahrung in eine Art Lexikon einfließen, in dem die Leserin bzw. der Leser nach Herzenslust und je nach Bedürfnis stöbern kann. Wie bei Wendlandt gewohnt richtet sich der Blick dabei weit über den Tellerrand von Stottersymptomen und deren motorischer Beeinflussung hinaus auf eine Vielzahl von bedenkenswerten Aspekten: Im ABC finden sich neben obligatorischen Schlagwörtern wie Advertising, Pseudostottern oder Rückfall auch unerwartete wie Engelskreis, Lufthoheit oder Schweinehund und erstaunliche wie Geiz, Haut oder Kleist. Auch erfährt man nicht nur etwas über die wünschenswerte Qualifikation der Therapeut:innen, sondern der Autor thematisiert ebenfalls eine Qualifikation der Stotternden. Ein besonderes Anliegen ist Wendlandt stets die ganz konkrete und strukturierte (Eigen)Arbeit am Stottern, mit deren Hilfe sich ebenso konkrete und sichtbare Erfolge erzielen lassen.Im zweiten Teil des Buches finden die Leser:innen zu diesem Zwecke 35 Arbeitsbögenmit vielen praktischen Tipps und Übungsvorschlägen. Die Veränderungsarbeit am Stottern kann damit sofort beginnen. Das Buch ist eine reichhaltige Fundgrube für Stotternde, für Therapeut:innen und alle am Thema Stottern Interessierten.
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Einleitung
Stottern ist eine Störung der Kommunikation
Man kann sie nicht im kommunikationsfreien Raum bewältigen. Nicht für sich alleine in den eigenen vier Wänden. Stottern abzubauen bedeutet flüssig zu werden im Kontakt mit anderen Menschen. Für diesen Prozess sind Begegnungen notwendig, sie sind unerlässlich. Selbsthilfe, Eigentherapie und Stotterbehandlung verlangen, sich auf andere Personen einzustellen, sich mit ihnen abzustimmen, andere Menschen aufzusuchen, zu reden, immer wieder zu reden, eigene Rückzugstendenzen abzubauen und neue zwischenmenschliche Begegnungsmöglichkeiten zu entdecken. Veränderungen des Stotterns finden aufgrund gemeinsamen Handelns statt, durch die gegenseitige Bezugnahme mit Wörtern, Blicken, mit Körperausdruck und einem wechselseitigen Austausch von Gedanken und inneren Selbstgesprächen. Trotz aller Unflüssigkeiten im Sprechen geht es um eine flüssige Bezugnahme zu den Kommunikationspartner:innen. Sich auf Beziehungen einzulassen, ist ein spannendes Abenteuer. Eigene Einstellungen und Denkgewohnheiten können da schon mal ins Wanken geraten. Nicht nur die Redefähigkeit will betrachtet sein. Es geht um die ganze Person, um die eigenen Emotionen, Gedanken und Einstellungen. Um die eigenen sozialen Handlungsweisen. Aber auch um die Antworten und Impulse des Gegenübers.
Mein Stotter-ABC ist beherzt selektiv
Für das vorliegende ABC, das mit „Advertising“ beginnt und mit „Zuversicht“ endet, habe ich den einzelnen Buchstaben Begriffe aus dem Bereich der Arbeit rund ums Stottern zugeordnet. Darunter gibt es Begriffe, die als Standards bekannt sind – ich nenne sie hier das Fettgedruckte. Ich erkläre diese Standards, zeige dabei allerdings auf, was an den ausgewählten Sachverhalten, Erkenntnissen oder Behandlungsmaßnahmen aus meiner Sicht allzu oft unvollständig verstanden bzw. einseitig praktiziert wird. Vor allem aber habe ich solche Schlagwörter in mein ABC aufgenommen, die ich als das Kleingedruckte bezeichne: Handlungswissen und Erfahrungsschätze, die leicht übersehen werden, Arbeitstechniken und Veränderungsschritte, die in der Eigenarbeit und Therapie zu kurz kommen, Motivationshilfen, die nicht genutzt werden. In diesem Stotter-ABC versuche ich das Kleingedruckte unter die Lupe zu nehmen und großzuschreiben.
Die Arbeit am Stottern ist ein ausgesprochen anspruchsvolles Unterfangen, das die Betroffenen ebenso in Atem halten kann wie die Therapeut:innen. Die meisten Schlagwörter beziehen sich auf die alltäglichen Probleme und Herausforderungen im Ringen um den Abbau des Stotterns. Stottern ist zwar eine gut behandelbare Behinderung, doch Stagnationen und Rückfälle gehören im Verlauf von Eigenarbeit und Therapie zur Tagesordnung. So entpuppen sich persönliche Veränderungsvorhaben manches Mal als schwieriger als anfangs gedacht. Bei meinen Ausführungen zu den einzelnen Schlagwörtern war es mir wichtig, Sachverhalte unter neuen Perspektiven zu beschreiben und Lösungsideen für die alltägliche Übungspraxis anzubieten. Mein Stotter-ABC will also kein Fachbuch zum aktuellen Forschungsstand des Stotterns sein, es hat nicht den Anspruch, die in der Wissenschaftsszene bekannten Sachverhalte erneut darzulegen und den aktuellen Stand der Fachliteratur zu präsentieren. Es stellt vielmehr ein subjektives Zeugnis meiner über 50-jährigen Beschäftigung mit Menschen dar, die stottern, und ist in diesem Sinne ein Praxisbuch. Es zeigt auf, wie sich Stottertherapie und Selbsthilfe erfolgreich gestalten lassen und wie sich bei den Betroffenen dabei Lebensfreude und Zuversicht entwickeln können. Im Stotter-ABC kommen Betroffene durch wörtliche Zitate immer wieder selbst zu Wort. Oder es werden Gedichte vorgestellt, die das subjektive Empfinden von Personen, die stottern, zum Ausdruck bringen. Viele der Texte, die ich zu den einzelnen Schlagwörtern verfasst habe, wären ohne die Anregungen meiner Klient:innen und Fortbildungsteilnehmer:innen nicht entstanden. In letzter Zeit, in den langen Tagen der Pandemie, waren es vor allem die Neugier und Offenheit von Betroffenen und Stottertherapeut:innen meiner Online-Veranstaltungen, durch die ich immer wieder fruchtbare Impulse für meinen Schreibprozess erhalten habe. Für diesen lebendigen Austausch bin ich allen von Herzen dankbar!
35 Arbeitsbögen für die Trainingspraxis
Erkenntnisse sind gut, Erfahrungen sind meist besser! Was hilft all das Begreifen, all das Wollen und Wissen, wenn dann nicht tatsächlich gehandelt wird. Während der Entwicklung von meinem Stotter-ABC wurde mir klar, dass ich die Schlagwörter und Erklärungen im Buch unbedingt verknüpfen sollte mit konkreten Handlungsanleitungen und Übungen. So entstanden insgesamt 35 Arbeitsbögen, mit deren Hilfe sich persönliche Veränderungsvorhaben rund ums Stottern planen und durchführen lassen. Sie schlagen nicht nur Ideen und Bewältigungstipps vor, sondern helfen auch das Selbsttraining auszuwerten und Schlussfolgerungen für die nächsten Übungsschritte vorzunehmen. Als Dokumentation der Eigenarbeit begünstigen sie zu einem späteren Zeitpunkt das Wiederaufgreifen erfolgreich durchgeführter Strategien der Eigenarbeit. Die Arbeitsbögen sind nicht nur für die Hand der Stotternden gedacht: Sie stellen darüber hinaus Therapiematerialien dar, die die Therapeut:innen in ihren Praxen einsetzen können. Fast alle Arbeitsbögen wurden für dieses ABC neu entwickelt und erprobt. Manchmal gibt es mehrere Arbeitsbögen zum gleichen Themenbereich.
Querverweise
Die Schlagwörter in meinem Stotter-ABC sind untereinander durch Querverweise verbunden. So kann von hier nach da geschmökert und nach Lust und Laune vertieft werden. In den Schlagworttexten wird zudem auf die jeweils zugehörigen Arbeitsbögen des zweiten Buchteils verwiesen. Und auch die Arbeitsbögen sind durch Querverweise miteinander verknüpft. Da die von mir beschriebenen Sachverhalte sich nicht immer nur einem einzigen Schlagwort zuordnen lassen, kommt es hier und da zu Dopplungen, die dem besseren Verständnis dienen.
Für wen ich das Buch geschrieben habe
Der Text richtet sich an erwachsene Stotternde und an Stottertherapeut:innen. Er ist aus meiner Sicht sowohl für alte Hasen als auch für Neulinge interessant. Auch für Angehörige und Bezugspersonen sowie für Student:innen der entsprechenden Ausbildungsgänge ist das Buch gedacht: Hier können sich alle Interessent:innen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich mit Gewinn über das Thema Stottern informieren.
Persönliche Ansprache
Im Laufe des Schreibens habe ich mich entschieden, Dich, die Leserin und den Leser, immer wieder auch direkt anzusprechen und dafür das „Du“ zu wählen. In der Selbsthilfe ist das selbstverständlich. In meiner therapeutischen Arbeit ganz und gar nicht. Doch hier, beim Niederschreiben des Textes, habe ich mir ein persönliches Gegenüber vorgestellt, ein Du, dem ich meine persönlichen Sichtweisen und Überzeugungen aus meinem langjährigen Berufsleben mit dem Stottern vermitteln wollte. Ich möchte Dich teilnehmen lassen an den unterschiedlichen Erfahrungen, die sich aus meinen Begegnungen mit stotternden Menschen und mit Stottertherapeut:innen ergeben haben. 1968 habe ich, noch als Student, an einer Berliner Poliklinik angefangen Stotterbehandlungen durchzuführen (s. Wendlandt 2009 a). Seitdem habe ich zahllose Einzeltherapien, Gruppenbehandlungen, Elternberatungen, Fortbildungen und Supervisionen zum Stottern durchgeführt und viele stotterbezogene Texte verfasst. Und ich habe mitgeholfen, die deutschsprachige Selbsthilfebewegung auf den Weg zu bringen und sie immer wieder tatkräftig zu unterstützen. Heute blicke ich mit Dankbarkeit auf die zahlreichen positiven Arbeitsbeziehungen zurück, die ich mit stotternden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen pflegen konnte, auf die vielen Anregungen, die ich dadurch erhalten habe und die große Wertschätzung, die mir zuteilwurde. Erstaunlich bei alledem ist für mich, dass meine Wissbegierde zum Thema Stottern und meine Begeisterung für dieses Arbeitsfeld nie aufgehört haben. Wahrscheinlich hat dies etwas mit meiner eigenen Stotterbiographie zu tun (Wendlandt 2019).
Für Zwischendurch und Nebenbei
Es darf geblättert werden, Du kannst getrost von einem Schlagwort zum anderen hüpfen. Dich hier versenken, dort nur kurz verweilen, Pausen einlegen und Tee trinken, Dich von den vielen Querverweisen weiterleiten lassen, Schlagwörter überblättern. Was spricht Dich an? Welche Schlagwörter werden zu Stichwörtern *, über die Du nachdenken möchtest? Es gibt keine Ordnung, die Du beim Lesen einhalten musst. Das ABC kann beim Warten an der Bushaltestelle nützlich sein, ebenso bei einer Erholungspause auf der Parkbank. Oder Du nutzt das Büchlein als Unterlage für eigene Notizen, die Dir beim Lesen durch den Kopf gegangen sind. Du wirst schnell spüren, welche Themen für Dich relevant sind. Lies nicht nur still vor Dich hin, sprich einzelne Passagen laut, deklamiere sie! Vielleicht gefällt Dir ein Gedicht. Und rede mit anderen Menschen über die Themen, die Dich berühren! Veränderungen entstehen in der Kommunikation.
Wolfgang Wendlandt, Berlin, am 11. April 2022
Autor
Prof. Dr. Wolfgang Wendlandt
Psychologischer Psychotherapeut (Gesprächs- und Verhaltenstherapie), über 50 Jahre als Stottertherapeut tätig; arbeitet z. Zt. in eigener psychotherapeutischer Praxis, Durchführung von Einzel- und Gruppentherapien, Supervisionen und Coachings sowie von Fort- und Weiterbildungen; 30 Jahre lang Lehre und Forschung an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin im Bereich Beratung und Therapie; umfangreiche Publikationstätigkeit. Darüber hinaus langjährige Bühnenerfahrung mit Improvisationstheater und Playbacktheater in unterschiedlichen Ensembles; Gründung und Leitung der „Tumoristen“; freie musikalische Improvisation mit Saxofon und Stimme; Ehrenamtliches Engagement im Bereich Selbsthilfe, Inklusion und Theaterarbeit mit Migranten.
E-Mail: kontakt@wolfgangwendlandt.de
Beispielseiten
Die Schlagwörter des Stotter-ABC (von »Advertising« bis »Zuversicht«)
Advertising; Akzeptanz; Allheilmittel; Anforderungen; Angst; Anspannung; Anteilnahme; Anweisen; Artikulation; Attraktivität; Auffälligkeit; Behinderung; Benachteiligung; Besorgnis, soziale Bezugspersonen; Bilanz; Blocks, Stotterblockaden; Bühne; Chorsprechen; Complience; Desensibilisierung; Diskutieren; Dosieren Eigenarbeit; Eigenverantwortung; Empathie; Engelskreis; Entspannung; Erfahrung; Erfolg; Erlaubnis; Erzählen; Evaluation; Fluchtverhalten; Fluencyshaping; Folgen des Stotterns; Fragen; Frustrationstoleranz; Ganzheitlichkeit; Geduld; Geiz; Generalisierung; Gewohnheit; Gruppenbehandlung; Habituation; Hausaufgaben; Haut; Heilung; Hemmung, reziproke; Herausforderungen; Identifizieren, Identifikation; Identität; Imagination; Improvisation; Improvisation, musikalische; Improvisation, theatrale; Individualisierung; Inklusion; In-vivo-Arbeit; Journal, Stotter-Tagebuch; Kapazitäten; Kleist, Heinrich von; Kognition; Kombination; Kommunikation; Kommunikationsstörung; Komorbidität; Kompetenz, soziale; Kontrolle; Kooperation; Lebenssinn; Leiden am Stottern, Leidensdruck; Leistungsdruck; Lufthoheit; Modell; Moderation; Modifikation; Modifikationstechniken, Probleme; Mottos; Nachsorge; Nachteilsausgleich; Notfallkoffer; Operationalisierung von Lernzielen; Pausenbetontes Sprechen; Pausentoleranz; Perspektivwechsel; Phobie, soziale; Ping-Pong; Pluserfahrungen; Podbielskiallee; Prävention; Premack-Prinzip; Progressive Muskelentspannung; Prolongation; Protokollieren; Pseudostottern; Psychische Faktoren; Pullout; Qualifikation der Stotternden; Qualifikation der Therapeut:innen; Rahmenbedingungen; Reststottern; Rollenspiel; Rückfall; Rückmeldung; Ruhebilder; Scharlatane; Scheitern; Schweinehund; Schwerpunktsetzung; Schwitzen; Selbstheilung; Selbsthilfegruppe; Selbstinstruktion; Selbstsicherheit, Selbstsicherheitstraining; Selbststeuerung; Selbstwirksamkeitsüberzeugung; Sexualität; Sprechaktivität; Sprechvorbereitung; Stagnation; Stolz, falscher; Stottermodifikation; Synonyma; Tabu, Tabuthema; Technik; Teilhabe, gesellschaftliche; Telefonieren; Therapie; Transfer; Überforderung; Überzeugungen; Umschalten; Unverschämtheit; Ursachen; Variabilität; Variation; Vererbung; Vermeidung, Vermeidungsverhalten; Vorteile des Stotterns; Warmlaufen; Weisheiten (hier: Stotter-Weisheiten); Widerstände; Yes you can!; Zeit; Zensur, Selbstzensur; Ziele; Zuversicht
Rezensionen und Meinungen
aus: Der Kieselstein | Februar 2023'
„Manchmal kann es sich auch lohnen – unter bestimmten Umständen – über den folgenden Satz nachzudenken: DAS ZIEL IST IM WEG.“
Solche Denkanstöße auf seine, ihm ureigene, kreative Art und Weise blitzen immer wieder auf, wenn er all sein Wissen und Erfahrung in eine Art Lexikon einfließen lässt. Hier kann ich als Dozent für Redeflussstörungen, wie auch als Praktiker in der täglichen Arbeit mit Klienten, nach Herzenslust stöbern und immer wieder neue Anregungen finden, auch wenn mir viele Bücher von Wolfgang Wendlandt schon bekannt sind.
Es ist gut gegliedert in eine pfiffige Einleitung, die einen guten Überblick ermöglicht, und danach das Herz des Buches mit Schlagwörtern des Stotter-ABC, sowie Arbeitsbögen für die Eigenarbeit und Therapie. Insgesamt gibt es neue Anregungen, auch wenn man die Arbeitsbögen aus seinem letzten Buch Abenteuer Stottern bereits kennen könnte. Selbst das Nachwort hat nochmals Tiefe und regt zum weiteren Forschen in Sachen eigenem Stotter-ABC an. Gleichzeitig hat er nicht den Anspruch, die in der Wissenschaftsszene bekannten Sachverhalte erneut darzulegen.
Besonders gut gefällt mir, dass keine Reihenfolge des Lesens eingehalten werden muss und wirklich nach Bedarf (Fragen von Klienten) und Laune (eigene Fragestellungen) geschmökert werden kann. Oft ergibt sich aus einem Gedanken (Schlagwort) wie z.B. Kleist, Heinrich von, eine spannende Querverbindung zu einem ganz anderen Thema wie Improvisation und weiter zu In Vivo-Arbeit und plötzlich taucht dann noch ein spannendes Foto oder Gedicht auf, ich komme ins Nachdenken und nicht nur ins Schmunzeln. Unter „Psychische Faktoren“ werden bekannte Sichtweisen gut geordnet dargestellt und mit Äußerungen der Klienten sehr anschaulich in auslösende und verstärkende innerpsychische Faktoren nachvollziehbar gemacht.
Richtig hilfreich finde ich die Möglichkeit, die vielseitigen und neu überarbeitenden Arbeitsbögen als pdf-Dokument herunterladen zu können. Dieses Buch ist wirklich eine große Bereicherung, eine Quintessenz aus 50 Jahren Erfahrung mit der Stottertherapie, Improtheater und Lust am kreativen Gestalten von Büchern.
Karl Schneider, Freiburg
aus: logoTHEMA, Jan. 2023
Zeitschrift des Berufsverbandes der österreichischen Logopäd_innen (logopädieaustria)
Chapeau! Herr Wolfgang Wendlandt wartet mit einem neuen Meisterstück auf, das in sprachlicher Feinarbeit und mit viel Charme auch jene Themenbereiche des Stotterns präsentiert, die wir dringend gebraucht haben – oder nicht davon gewusst haben, dass wie sie noch brauchen.
In seinem neuen Buch „Mein Stotter-ABC“ rückt er die Kommunikationsproblematik in den Focus und zeigt somit einfühlsam auf, dass die Auseinandersetzung mit dem Stottern, in allen Facetten, nur am Parkett der Interaktion, in den Begegnungen mit Menschen gelingen kann.
Fettgedruckt und groß geschrieben finden wir Themen – Klassiker wie Identifikation, Desensibilisierung, Modifikation, Generalisierung, Fluencyshaping, Pullout und beispielsweise In-vivo-Arbeit. Diese werden allerdings nicht im Sinne eines wissenschaftlich aktualisierten Werks präsentiert, sondern zeigen Herrn Wendlandts immensen Erfahrungsschatz und bieten uns praxiserprobte Lösungswege sowie wertvolle Sichtweisen der Betroffenen, den Kontext der Therapie und der Selbsthilfe an. Kleingeschrieben und wie zwischen den Zeilen präsentiert werden aber auch die Themen Compliance, Empathie, Leidensdruck, Habituation, Advertising, Kognition, Imagination, Notfallkoffer, Schweinehund, Scheitern und Vorteile des Stotterns „aufgeschlagen“. Im Kleingeschriebenen liegt auch die große Chance für die Leser_innen, Insiderwissen zu erhalten und therapeutische Abkürzungen zu entdecken. Das Buch will jedenfalls als Nachschlagewerk von A-Z verstanden werden, das uns, bestückt mit stimmig ausgewählten, großartig selbstverfassten Gedichten und lebensechten Betroffenenbeiträgen in gewohnter Wendlandtmanier Begleiter sein will – in der Arbeit mit stotternden Menschen und der ständigen Kalibrierung Betroffener im Umgang und der Auseinandersetzung mit dem eigenen Stottern. Ein wiederum hochgeschätztes Werk, das Mut macht und berührt zugleich.
Lisa-Maria Grießer, MSc, Logopädin (Österreich)
aus: Der Kieselstein – Forum der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. 44. Jahrgang, Heft 4, November 2022
… Im Unterschied aber zu einem Lexikon, liefert dieses Schlagwort-ABC nicht einfach Sachinformationen über Wichtiges in der Stottertherapie. Vielmehr spricht der Autor die Lesenden immer wieder direkt an, wählt das „Du“ als Adressat*in, erzählt mir sozusagen seine Erfahrungen, stellt mir Fragen, regt zum Nachdenken an und stellt Aufgaben. Viel Persönliches von Wolfgang Wendlandt klingt zwischen den Zeilen mit – dazu tragen auch Bilder, Gedichte, Wortspiele, Aphorismen bei, die immer wieder in die Texte eingestreut sind. So entsteht beim Lesen der Artikel schon ein Gespräch, eine Kommunikation – und Kommunikation in Gang zu bringen, ist ja erklärter Sinn und Zweck des Wendlandt’schen Therapieansatzes. Dieses Buch hat ein leidenschaftliches Anliegen, es will bewegen; und wer sich als Leser*in bewegen lässt, findet eine Fülle von Ideen, Tipps und Anregungen, auch Korrekturen für sich selbst. Und damit es auch wirklich ins Leben kommt, sind zu den ABC-Artikeln im zweiten Teil des Buches passende Arbeitsbögen hinzugefügt mit sehr konkreten Tipps, wo und wie man mit dem persönlich gerade wichtigen Schlagwort beginnen und etwas ausprobieren kann.
Mein eigener Einstieg
„Persönlich gerade wichtig“: Das ist der rote Faden, mit dem ich mich in dieses Buch hineinlesen kann, immer wieder mal, je nach Bedarf und Interesse. Selbst erlebt: Nach einem ziemlich verstotterten Tag denke ich abends: „Pseudostottern wäre mal wieder eine gute Alternative…“, schlage dieses Stichwort nach – und finde eine kundige, differenzierte Darstellung, etliche Querverweise in alle thematischen Richtungen (sogar einen Video-Link), von denen mir ein oder zwei genau mein Thema zeigen … Ein anderes Mal blättere ich einfach rein und bleibe hängen bei einem Begriff, an den ich nie gedacht hätte, der aber viel mit mir zu tun hat. Und auch bei eigentlich vertrauten Standardthemen gab es immer mal kleine oder größere persönliche Aha-Erlebnisse: Dass das „Pausenmachen“ beim Sprechen, das mir so unsagbar schwerfällt, mit „Frustrationstoleranz“ zusammenhängt, hat mir plötzlich mein Problem erklärt. Oder dass „Entspannung“ die entscheidende Grundlage für gelingende „Modifikationen“ sind, baut eine neue Brücke, meine Aufmerksamkeit anders zu verteilen.
Wegbegleiter für lange Strecke
Die vielen guten Erklärungen, Gedankenblitze, Anregungen, Fragen im Stotter-ABC machen immer wieder Mut, bringen auf Ideen und in Bewegung. Das Buch ist nicht zum Einmal-Durchlesen gemacht, sondern eher als Wegbegleiter auf der langen Strecke, die ich mit meinem Stottern eben zu gehen habe. Wolfgang Wendlandt kennt die Problematik bis in alle Ritzen hinein und ist so ehrlich und einfühlsam, auch über „Stagnation“, „Überforderung“, „Schweinehund“ und „Geduld“ zu schreiben. Zugleich hält er unbeirrbar und für mich auch provozierend daran fest, dass Stottern immer und bei jedem/jeder Betroffenen nachhaltig veränderbar und das Leiden an dieser Beeinträchtigung heilbar ist, auch wenn noch Stottern bleibt.
Ein „echter Wendlandt“
So ist dieses Buch wiederum ein „echter Wendlandt“: Stottern als Kommunikationsstörung ganzheitlich zu verstehen, die Selbstwahrnehmung und Selbstverantwortung zu fördern, eine systematische Veränderungsarbeit aufzubauen und zugleich durch spielerische Leichtigkeit dem Thema die Schwere zu nehmen, das zeichnet seinen therapeutischen Stil aus. Im Stotter-ABC, so scheint mir, begegnet man jedoch noch mehr als in den anderen Werken dem Menschen Wolfgang Wendlandt, der viel von sich zeigt: von seiner therapeutischen Leidenschaft und Freude ebenso wie von seiner lebenstiefen, ja meditativen Nachdenklichkeit, besonders in den begleitenden Bildern und Gedichten. Das ist ein sehr persönliches Geschenk an die Leser*innen, das mich mit Dank erfüllt!
Zum Schluss: Wem gehört dieses ABC?
Nun liegt das Buch vor mir auf dem Tisch: „Mein Stotter-ABC“, und ich frage mich: Wem gehört es eigentlich? Wer sagt da: „mein“ ABC? Ist es der Autor, der damit so etwas wie die Summe seiner Kenntnis und Erfahrung vorlegt? Oder ist es mein ABC, so wie einst die gleichnamige Schreiblern-Fibel, die ich als Erstklässlerin im Ranzen trug und mit der ich, begeistert neue Buchstaben malend, allmählich Lesen und Schreiben lernte? Dann wäre „Mein Stotter-ABC“ so etwas wie ein Schlüssel, mit dem ich, immer neu buchstabierend, mein Stottern allmählich verändern kann, hin zu mehr Freiheit und Kommunikation. Wie es im letzten Satz des dicken Buches heißt: „Lass auch Du Dich beflügeln von den Möglichkeiten, die vor Dir liegen.“ Jede*r kann sich also entscheiden, wem dieses Buch gehören soll …
P.S. – ganz praktisch: ABC-Treff gründen
Eine Idee, die mich beim Umgang mit diesem Buch beschlich, ist vermutlich ganz im Sinne des Autors: Ich kann mir dieses Buch sehr gut als Gesprächs- und Arbeitsgrundlage für eine Selbsthilfegruppe vorstellen, vielleicht für einen speziellen „ABC-Treff“. Die Kombination von großer inhaltlicher Bandbreite einerseits und individuell frei wählbarem Fokus andererseits könnte ein fruchtbarer Ansatz zu Austausch und Entwicklung sein, auch über eine längere Zeit hinweg. Wenn mehrere zusammen mit dem Stotter-ABC unterwegs sind, kann das eine interessante und zielführende Wanderung werden.
Schwester Teresa Friese, lebt als Benediktinerin (Ordensfrau) in der Abtei Varensell.
sr.teresa@abtei-varensell.de
aus: Fachzeitschrift "Logos" - April 2023
Der renommierte Stottertherapeut Wolfgang Wendlandt lässt uns in diesem Werk in seine langjährige Berufspraxis v. a. mit erwachsenen stotternden Menschen blicken. Dass es im Demosthenes Verlag erschienen ist, dürfte Ausdruck dessen sein, dass sich der Autor und die Selbsthilfevereinigung gegenseitig mit ihren Verdiensten wertschätzen. Das Stotter-ABC stellt eine gelungene Abrundung des Lebenswerkes Wendlandts dar und bietet uner-fahrenen wie erfahrenen Fachpersonen Inspiration, Anleitung und Hilfestellungen für den Berufsauftrag. Einerseits will er sein Werk als „beherzt selektiv“ verstanden wissen. Meint, dass er keinen Anspruch auf Vollständigkeit im Umgang mit Standards, die beschrieben werden, erhebt. Neben diesem Fettgedruckten interessiert ihn das Kleingedruckte, das er besonders unter die Lupe nehmen und großschreiben will. Hier geht es ihm um Handlungswissen und Ressourcen, die leicht übersehen werden können. Es geht ihm um Dinge, die aus seiner Sicht in Stottertherapien oft zu kurz kommen, um Motivationshilfen, die nicht genutzt werden.
Interessanter für diese Rezension erscheinen auch mir nicht die Standards, sondern das, was Wendlandts Arbeit vor allem ausmacht. Das ist m. E. der gesamtheitliche, kreative, vielfältige und sinngebende Blick auf die Arbeit mit stotternden Menschen. Dazu gehören bspw. die theatrale und musikalische Improvisation, In-vivo-Arbeit, Eigenarbeit und therapeutische Hausaufgaben, Entspannung mit Transfer in den Alltag, soziale Kompetenzen, Gruppentherapie, Rückfälle und Nachsorge.
Immer wagte und wagt Wendlandt die Eröffnung eines tieferen Raums, der zum einen mit menschlichen Themen wie bspw. „Identität, Zuversicht, Selbstwirksamkeit und Lebenssinn" umgeht, zum anderen sich den menschlichen Grenzen und Widersprüchen offen stellt. Damit sind keinesfalls nur die von Stottern betroffenen Personen gemeint, sondern auch ihre Therapeutinnen. Wer sich als die Person, die er oder sie ist, aus der Arbeit mit stotternden Menschen persönlich heraushalten will, wird mit der Auseinandersetzung Wendlandts vermutlich weniger anfangen können. Hier ist man gefordert, sich mit seinen eigenen Überzeugungen, Fähigkeiten und Grenzen wie auch mit dem, was er oder sie in die Stottertherapie an Verhalten und Haltung einbringt, kritisch auseinanderzusetzen. So richtet sich das Buch konsequenterweise sowohl an erwachsene Betroffene als auch an Fachpersonen. Der Autor räumt mit Widersprüchen bzw. Missverständnissen auf, die immer noch rund um die Arbeit mit stotternden Menschen kursieren. Er lässt die Lesenden damit nicht alleine, sondern leitet mit geschultem Blick und Hilfestellungen an. An dieser Stelle seien u.a. die 35 Arbeitsbögen in der Anlage zur direkten beruflichen Verwendung erwähnt. Gedichte aus der Feder Wendlandts, zahl-reiche Querverweise innerhalb des Buches und Zitate Betroffener runden das Buch ab.
Fazit: Sehr empfehlenswert sowohl für Betroffene als auch erfahrene und weniger erfahrene Fachpersonen, die sich für eine vertiefte Auseinandersetzung mit sich selbst als Betroffene oder mit sich selbst in der Arbeit mit stotternden Menschen interessieren. Dabei kommen das theoretische und praktische Methodenwissen und dessen Anwendbarkeit keinesfalls zu kurz.
Anja Mannhard, Konstanz