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Friedrich Christian Delius: Amerikahaus und der Tanz um die Frauen

8,99 €
inkl. MwSt. zzgl. Versand

Beschreibung

Friedrich Christian Delius

Amerikahaus und der Tanz um die Frauen

Erzählung

rororo Verlag, 160 Seiten, Taschenbuch

Preis: 8,99 € | Preise inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Hinweis: Bitte haben Sie Verständnis, dass Bücher aus Fremdverlagen bei uns ausschließlich an Inlandskunden verschickt werden können.

ISBN 978-3-499224-84-9

Friedrich Christian Delius

Amerikahaus und der Tanz um die Frauen

Erzählung

rororo Verlag, 160 Seiten, Taschenbuch

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ISBN 978-3-499224-84-9

"Luna 9 weich auf dem Mond gelandet", "Neue Bombenangriffe auf Nordvietnam", "Fluchthelfer-Prozeß in Ost-Berlin" - Schlagzeilen von 1966 aus der Teil- und Frontstadt Berlin. Die ersten "Italiener" machen in der Stadt auf, "Julia und die Geister" läuft im Cinema Paris, ein unbekannter Schriftsteller namens Pasolini stellt seinem Film "La Ricotta" vor, und Reinickendorf, Steglitz und Tempelhof liegen im Beatles-Fieber.
Delius läßt seine neue Erzählung am 5. Februar 1966 spielen, dem Tag der ersten Demonstration gegen den Vietnam-Krieg in Berlin, des ersten Sit-ins vor dem Amerikahaus, bei dem die ersten vier Eier folgen (von denen drei trafen) - kurz: einer der harmloseren Anfänge der Studentenbewegung.
Martin, der Schweiger, den seine Freunde 'Buster' nennen, läuft mit, zögerlich, hin und her gerissen zwischen Angst und Auflehnung, zwischen der Scham, etwas Verbotenes zu tun, und der aufkeimenden Verachtung für die, die satt und zufrieden aus dem Café Kranzler glotzen - wie er hin und her gerissen ist zwischen Ellen und Franziska, den beiden Freundinnen, in die er hoffnungslos verliebt ist. Ein Mann zwischen zwei Frauen, nackt, auf den Zehenspitzen tanzend, wie ihn E.L. Kirchner in seinem (titelanregenden) "Tanz zwischen den Frauen" gemalt hat.
"Amerikahaus" ist eine atmosphärisch dichte Erzählung aus der kulturellen und politischen Umbruch- und Aufbruchsphase einer Zeit (vor 1968) und einer Person. Mit ihr schreibt Delius das autobiographische Projekt fort, das er mit "Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde" begonnen hat.

Zusätzliche Produktinformationen

Autoren
Autoren Friedrich Christian Delius, geboren im Februar 1943 in Rom, aufgewachsen in Wehrda, Kreis Hünfeld, und Korbach in Hessen. Seit 1963 in Berlin, Studium an der Freien und Technischen Universität (Dr. phil. 1970). 1970 bis 1978 Lektor für Literatur in den Verlagen Klaus Wagenbach und Rotbuch. Prozesse, welche die Siemens AG (1972-76) und Helmut Horten (1979-82) gegen ihn führten, erfolgreich überstanden. Seit 1978 freier Schriftsteller, von 1978-80 in Beek bei Nijmegen/NL, von 1980-84 in Bielefeld. Seitdem lebt er wieder in Berlin (von 2001 bis 2013 in Rom und Berlin). Georg-Büchner-Preis 2011. Übersetzungen seiner Bücher in 19 Sprachen. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste Berlin.
Rezensionen
Rezensionen und Meinungen aus: www.fcdelius.de/buecher/amerikahaus.html Die sowjetische Sonde "Luna 9" ist soeben weich auf dem Monde gelandet; Nordvietnam wird erneut bombardiert; Buster Keatons Tod liegt einige Tage zurück. Es ist Freitag, der 4. Februar 1966. Mit dem Morgen dieses Tages beginnt die erzählte Zeit in Friedrich Christian Delius' neuem Prosatext; sie endet mit der nächtlichen Rückkehr des "Helden" in seine Wohnung etwa achtundvierzig Stunden später. Mit den Augen dieser Hauptfigur blicken wir zurück auf das Berlin der sechziger Jahre, als man die Studentenzimmer an den Apfelsinenkisten erkannte, als italienische Restaurants eine ganz neue Erfahrung waren und in den angesagten Berliner Kneipen - mit Namen wie "Kleine Weltlaterne" oder "Leierkasten" - Musikboxen standen, aus denen Georges Brassens oder Adamo tönte: Hier "saßen nachmittags, saßen abends, saßen nachts Künstler herum, die Künstler werden wollten, und redeten viel und tranken wie Künstler und sahen aus wie Künstler". Einer von ihnen ist Martin, von seinen Freunden seit kurzem "Buster" genannt wegen seines meist regungslosen Gesichts, schweigsam ist er und ein wenig schüchtern. Bisweilen stottert er leicht, aber er hat gelernt, geschickt damit umzugehen - ein junger Mann zwischen germanistischem Oberseminar und eigenen Gedichten, zwischen politischer Empörung über den Krieg der USA in Vietnam und heißer Angriffslust, wenn er an die "langbeinigen Wunder" denkt, die auf sich warten lassen. Und sie lassen sehr auf sich warten - Franziska, die Buchhändlerin mit der blonden Mähne am Freitag, Ellen am Samstag, Das süße Leben bleibt ein Kinoerlebnis, ein Film von Fellini, "eine unbegreifliche, ferne Verlockung, mehr Leidenschaft als Liebe, mehr Sünde als Süße, die Frauen wild, unberechenbar und hysterisch, alles fremd und von magischem Sog wie Rom". Solange die reale Franziska ihm beim Italiener gegenübersitzt, verbietet er sich solche Ausschweifungen, um ihnen am Abend "mit lüsterner Scham" doch zu erliegen - mit der Lektüre eines halb schmuddeligen Artikels in konkret. Die Lockung des Titels - "Alles über Sex-Partys in den USA" - und schürt mit der Gier auf imaginierte sündhafte Lust die Angst vor ihr, "Angst vor dem abgewürgten Gott in ihm, Angst vor dem toten Vater in ihm, Angst vor der ängstlichen Mutter in ihm." Auch wenn er sich für diese Angst haßt - sie wirkt fort in den "eingefleischten Kindergedanken": Alles wird bestraft, Gott sieht alles, die Eltern sehen fast alles, überall lauern Sünden, und am schlimmsten ist die Strafe für das, was man gar nicht getan hat aus Angst vor der Strafe. In dieser präzisen Schilderung dieser im Wortsinn "eingefleischten" Hemmungsmechanismen, "die du dir längst aus dem Kopf geschlagen hast, aber nicht aus dem Körper vertrieben, die den Körper infiziert haben, mit der Pest der Reinheit", erreicht der Text eine Intensität, die der Erfahrung nahe kommt; "... ein paar Stunden sich anfassen, bis es peinlich und feucht wird und weiter dürfen wir nicht, dann doch ein Versuch, und da schießt Blut aus der Nase, das Blut in beiden verschreckten Gesichtern, alle Angst umgelogen in den Satz das Leben fängt doch erst an, wo fängt die Gefahr an, wo die Sünde, wo die Strafe, wenn wir nicht aufpassen, wenn wir uns vergessen." Solch verquälten Schrecken hinter sich zu lassen und mit ihm den Bann aus Verboten und Verschämtheit, ist ein Motiv, das seine politische Seite hat, sich der politischen Motivation verbinden kann. Martin erfährt es am nächsten Tag. An diesem 5. Februar 1966 wird in Berlin zum ersten Mal gegen den Vietnamkrieg demonstriert: Für kurze Zeit wird der Autoverkehr blockiert, vier Eier fliegen gegen die Fassade des Amerikahauses, die amerikanische Flagge davor wird von Demonstranten auf halbmast gesetzt, es gibt drei Leichtverletzte, die Presse spricht im Ton heftiger Empörung von "antiamerikanischen Ausschreitungen". Martin ist bei all dem dabei, "überzeugt, das Richtige zu tun", und doch mit zwiespältigen Gefühlen. In der Bewegung der Demonstranten auf der Straße macht sich für ihn jedoch "ein leises Gefühl einer ungewohnten Freiheit, einer unbekannten Kraft" geltend: "Alles war harmlos und friedlich und doch unerhört und eine Auflehnung." Gleichwohl sieht er in dieser (damals) neuen Form des Dissenses mit den Vätern der Kriegsgeneration, die im Nachkrieg "die Vergangenheit hinunterwürgten", keinen Heroismus am Werk, "nichts Aufrührerisches, Kämpferisches". Sein Ungehorsam kommt ihm "täppisch und ungeschliffen" vor; zu ihm gehört überdies kaum mehr als Gratismut: "Die Demonstration war angemeldet, es war erlaubt, sich so zu bewegen... So einfach war das, genehmigt, geordnet, lächerlich." Dies Ineinander von gelernter Gehemmtheit, hemmungslos streunender Gier, moralisch-politischem Ernst, wenig praktischen Mut und viel Selbstzweifel charakterisiert die Innenseite dessen, was als "Studentenbewegung" sich auf den Weg machte, und zwar überaus genau und kenntnisreich; die historisch-soziologisch-psychologische Studie, die Vergleichbares leistet, ist noch nicht geschrieben. Überdies kann Friedrich Christian Delius seinem literarischen Martin am Ende etwas gönnen, was weder der Studentenbewegung noch der Linken insgesamt je zugefallen ist: Glück. Es trägt in der Erzählung den Namen Rahel, kommt aus Tel Aviv, spricht englisch und findet sofort einen neuen Namen für ihn, indem sie seine Ausflüchte beim Wort nimmt: "Yesbut": You're shy, that's okay. But don't play this Yesbut-game with yourself. Say yes or say no… Every day is a gift, I tell you. Every night as well." - Wer so einfach ermutigt wird, hat es gut, noch wenn er versagt: Das samstäglich-nächtliche Desaster in Rahels Bett muß für Martin keine weitere Niederlage sein, weil er zu begreifen beginnt, daß "Ausschreitungen" - die veröffentlichte Meinung begründet mit ihnen die innerstaatliche Feinderklärung - ihn von seiner Vergangenheit loslösen können: "Geh weiter, schreit aus, ausschreiten, du schreitest aus, er sie es schreitet aus, wir schreiten aus. I like your face, das ist auch eine Ausschreitung, Rahel, bitte, schreite noch einmal aus, heute um acht." Ob sie um acht kommen wird, wissen wir so wenig wie Delius' Held. Aber das macht nichts, da wir im letzten Satz der Erzählung wie in einer letzten Momentaufnahme Martins Wünsche auffliegen sehen können: "Wenige Schritte noch zur Wohnung, zum Bett, und alles, was Martin jetzt wünschte, war eine Hand von Rahel in der Hand und einen Sonnenaufgang, kühle Helligkeit über den Dächern, scharfe Konturen, den zarten Biß des Frühlings und einen Moment mit jubelnden Vögeln auf den Ästen." Martin Jürgens, Frankfurter Rundschau, 15.11.1997